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Menschen mit Demenz im Akutkrankenhaus – Beeindruckende multiprofessionelle Vernetzung in Norwegen

 

Gudrun Roling nimmt aktuell an der von der  Robert Bosch Stiftung geförderten und vom Institut g-plus der Universität Witten/Herdecke koordinierten Studienreise Menschen mit Demenz im Akutkrankenhaus in Norwegen teil. Was sie bisher für Eindrücke gesammelt hat und welche Anregungen sie für ihre Arbeit  mitnimmt, berichtet Sie im Interview mit der Bloggerin Kati Borngräber.

Zur Person:

Gudrun Roling - www.g-plus.org ©katicares.com

Gudrun Roling ist Gesundheits- und Krankenpflegerin auf der internistischen Station des anthroposophischen Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke. Zudem arbeitet die studierte Pflege- und Gesundheitswissenschaftlerin als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an einem Projekt der Universität Witten/Herdecke mit. Bei diesem geht es um die Ausbildung und interprofessionelle Zusammenarbeit von Ärzten, Therapeuten und Pflegenden im Rahmen des integrierten Begleitstudiums Anthroposophische Medizin.

Kati Borngräber: Frau Roling, warum sind Sie mit auf die Studienreise „Menschen mit Demenz im Akutkrankenhaus“ nach Norwegen gefahren?

Gudrun Roling: Ursprünglich hatte sich das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke für das Programm ,Menschen mit Demenz im Akutkrankenhaus‘ der Robert Bosch Stiftung beworben, um bauliche und therapeutischer Maßnahmen realisieren zu können. Doch das hat leider nicht geklappt. Jetzt wollen wir zumindest einige kleine Veränderungen anstoßen, um die Station demenzfreundlicher zu gestalten. Dafür wollte ich auf der Reise Anregungen bekommen.

Und, haben Sie bereits Ideen für konkrete Maßnahmen gesammelt, mit denen Sie Ihr Krankenhaus demenzfreundlicher gestalten wollen?

Roling: Ja. Zum Beispiel handwerkliche Beschäftigungsangeboten wie Häkeln oder Stricken. Diese haben nach Angaben einer Pflegekraft in der Gerontopsychiatrie der Universitätsklinik Helse Stavanger eine beruhigende Wirkung auf viele Menschen mit Demenz und werden dort sogar als Alternative zum Fixieren eingesetzt. Außerdem interessiert mich das Konzept Marte Meo, bei dem Situationen aus dem Pflegealltag per Video aufgezeichnet und analysiert werden – wobei der Schwerpunkt dabei auf der Betrachtung gelungener Kommunikation liegt. Das kannte ich bisher nicht und damit würde ich mich gern näher beschäftigen.

Stavanger Universitätsklinikum - www.g-plus.org ©katicares.com

Stavanger Universitätsklinikum – www.g-plus.org ©katicares.com

Welche generellen Aspekte der Versorgung von Menschen mit Demenz in Norwegen haben Sie denn auf der Reise kennengelernt, die Sie gern in Deutschland übernehmen würden?

Roling: Ich habe den Eindruck, dass in norwegischen Krankenhäusern die Angehörigen viel stärker in die Diagnosestellung einbezogen werden – das finde ich sehr gut. Bei der Entlassung von Patienten aus dem Krankenhaus könnte ich mir darüber hinaus vorstellen, dass eine persönliche Übergabe zwischen dem Klinikpersonal und dem zuständigen ambulanten Pflegedienst oder Pflegeheim sehr sinnvoll wäre. Aktuell arbeiten wir in der Regel mit Übergabeprotokollen, da gehen meines Erachtens viele hilfreiche Informationen verloren.

Was hat Sie denn an der Arbeitsweise der norwegischen Kollegen besonders beeindruckt?

Roling: Dass hier offenbar die Vernetzung und die Arbeit auf Augenhöhe unter den einzelnen Berufsgruppen sehr gut funktioniert. Das betrifft auch die Schnittstellen zwischen stationärer und ambulanter Versorgung – so verfolgen Krankenhausmitarbeiter nach einer Entlassung weiter, wie es den Patienten ergeht, und arbeiten bei Bedarf mit den kommunalen Versorgungsanbietern zusammen. Das klappt zwar, wie wir gehört haben, auch hier nicht immer reibungslos – aber immerhin gibt es Strukturen, die entsprechende Kollaborationen fördern.

Reisegruppe im Stavanger Universitätsklinikum - www.g-plus.org ©katicares.com

Reisegruppe im Stavanger Universitätsklinikum – www.g-plus.org ©katicares.com

Über die Autorin:

Kati Borngraeber - www.g-plus.org ©katicares.com

Kati Borngräber ist Redakteurin in einer Kommunikationsagentur in Hamburg. 2017 hat sie einen pflegewissenschaftlichen Master an der Universität Witten/Herdecke gemacht und bloggt seitdem auf www.katicares.com über Themen rund um das Alter und Altenpflege.