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Kurzbericht: Familienorientierte Frühförderung – das Konzept „Atención temprana cantrada en la familia“ in Spanien

Autorin: Marion Wachter

 

Im Rahmen des Programms „Care for Chronic Condition“ hatte ich die Möglichkeit, vom  6.2.-11.2.2017 das Konzept „Atención temprana centrada en la familia“ (Familienorientierte Frühförderung) in Spanien kennenzulernen. Dazu konnte ich drei Tage in Valencia in einer Frühfördereinrichtung hospitieren und danach drei Tage in Madrid an einer Fortbildung beim Begründer des Konzepts, Robin McWilliam, teilnehmen.

Ich arbeite als Physiotherapeutin im interdisziplinären Team der Frühberatungsstelle in Darmstadt. Wir sind zuständig für Familien, die ein Kind mit Behinderung oder Entwicklungsverzögerung haben und bieten neben unterschiedlichen  therapeutischen Angeboten immer auch Beratung für die Eltern und andere Bezugspersonen an. Im Team beschäftigen wir uns schon länger mit dem klientenzentrierten Ansatz und der Konzepterweiterung bezüglich Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenz.

Ziel

Über ein anderes europäisches Projekt habe ich von dem Konzept der Einrichtung „Centro de Educación Infantil y Atención Temprana UVC“ in Valencia erfahren und konnte dank der Unterstützung der Robert Bosch Stiftung und der Leiterin meiner Heimateinrichtung die Arbeitsweise der spanischen Kolleginnen praktisch und theoretisch kennenlernen mit dem Ziel zu prüfen, inwieweit sich bewährte Inhalte in unseren Arbeitsalltag übertragen lassen.

Centro de Educación Infantil y Atención Temprana UCV in Valencia / Foto: Marion Wachter

Konzept

Neben vielen Gemeinsamkeiten wie gleiche Berufsgruppen, Zuständigkeiten und familienorientierter Ansatz unterscheidet sich das Konzept der spanischen Kolleginnen in folgenden Punkten:

  • Sie arbeiten transdisziplinär, das heißt, eine Kollegin ist Hauptansprechpartnerin für eine Familie, unabhängig ihrer Profession. Bei Bedarf zieht sie andere Fachkolleginnen hinzu.
  • Sie arbeiten ausschließlich mobil im häuslichen Umfeld und/oder der Betreuungseinrichtung des Kindes. Es findet keine direkte Therapie am Kind statt, sondern eine Beratung der Eltern über Unterstützungsmöglichkeiten im Alltag.
  • Sie arbeiten nach dem theoretischen Konzept von Robin McWilliam, bei dem über ein strukturiertes Vorgehen eine genaue Auftragsklärung mit den Eltern erarbeitet wird. Die Verbesserung der Lebensqualität ist hierbei ein übergeordnetes Ziel.

Dank des Engagements der Leiterin der Einrichtung in Valencia, Marga Canadas, konnte ich neben der Hospitation auch an einer Fortbildung von Robin McWilliam in Madrid teilnehmen, die die praktischen Erfahrungen der Hospitation mit theoretischem Hintergrundwissen untermauert hat.

v. l. n. r.: Marion Wachter, Robin McWilliam, Marga Canadas (UCV) / Foto: Marion Wachter

Ausblick

Zurück in Deutschland habe ich dem gesamten Team die neuen Erkenntnisse, Eindrücke und Ideen präsentiert. Darüber hinaus werden sie in Teamsitzungen und bei Konzeptionstagen diskutiert und kritisch betrachtet. Konzeptveränderungen sind ein langer, gemeinsamer Prozess und neue Ideen bieten dafür eine gute Diskussionsgrundlage. Insbesondere die wertschätzende Grundhaltung gegenüber den Eltern/Bezugspersonen und die Stärkung der Selbstwirksamkeit haben mich bei dem Konzept sehr beeindruckt. Durch die Teilnahme an der Fortbildung habe ich mehr konkretes Handwerkzeug erlernt, um die Alltagsziele der Eltern kleinschrittig zu erfragen. Am ersten Arbeitstag nach der Rückkehr habe ich begonnen, die Therapiestunden etwas anders zu strukturieren, den Zielen für den Alltag mehr Gewicht zu geben und die Eltern mehr miteinzubeziehen.
Marion Wachter, Physiotherapeutin in der Frühberatungssstelle für entwicklungsverzögerte Kinder, Caritas-Verband Darmstadt e.V.