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Kurzbericht: Advanced Practice Nursing bei schwer betroffenen Schädel-Hirn-Traumata- und Schlaganfallpatienten – Hospitation in der Schweiz

 

Autor: Jan Röttgers

 

Menschen mit Schädel-Hirn-Traumata oder Schlaganfall sind häufig in ihren Aktivitäten des täglichen Lebens stark eingeschränkt. Prognostisch hat ein Großteil dieser Patienten einen langen und mühsamen Rehabilitationsprozess vor sich. Enge Angehörige sind dadurch häufig ähnlich schwer belastet wie der Patient selbst. In der deutschen Praxis bestehen Versorgungslücken in den Bereichen Kommunikation sowie Patienten- und Angehörigenbetreuung. Beide Gruppen sind im Hauptteil mit der Situation und der Erkrankung sich selbst überlassen und häufig überfordert. Mithilfe von Pflegeexperten und Advanced Practice Nurses begegnet die Pflege in der Schweiz diesen Versorgungslücken mit gezielten kommunikativen und organisatorischen Konzepten.

Ziel der Hospitation

Ziel meiner 14-tägigen Hospitation in der Schweiz war es, auf den Intensivstationen der Universitätsspitäler in Zürich und Basel pflegerische Konzepte in der Schädel-Hirn- Trauma- und Schlaganfallversorgung kennenzulernen. Aus der Perspektive der Pflegeexperten und Advanced Practice Nurses sollten die Herangehensweisen an diese komplexen Patientenfallsituationen mit Hirnverletzungen näher betrachtet werden. Im Fokus der Visitation standen Pflegeberatung, Angehörigenbetreuung und strukturelle Gegebenheiten.

Erste Ergebnisse

Die Pflegeexperten und APNs auf den verschiedenen Intensivstationen nutzten in der täglichen Versorgung der neurologischen Patienten verschiedene, teilweise simple, aber effektive Methoden. Dementsprechend konnten u. a. das „Aktive Angehörigentelefonat“, die pflegegeleitete Visite, psychosoziale Assessmentinstrumente, eine pflegerische Beratungssprechstunde, Expertenfallbesprechungen, das Instrument „METAP“ zur ethischen Entscheidungsfindung und schlussendlich das Rollenverständnis der Experten und Advanced Practice Nurses kennengelernt werden.

Transfer

Für den Transfer der gewonnenen Erkenntnisse stehen mehrere Wege zur Verfügung. Die Ergebnisse der Hospitation konnte ich bereits in einer Stationssitzung vorstellen. Daraus resultierend entsteht nun eine Projektgruppe zur Einführung des „Aktiven Angehörigentelefonates“ auf meiner Heimat-Intensivstation. Weitere in der Schweiz kennengelernte Konzepte werden auf ihre Implementierungsmöglichkeiten überprüft. Weiterhin sollen die Erkenntnisse in die Arbeitsgemeinschaft „akademisch Pflegende“ einfließen.

Fazit

Es war sehr spannend Pflegende in einem anderen Land bei der täglichen Arbeit zu begleiten. Dabei sind viele Berührungspunkte in der neurologischen Pflege zu erkennen, aber auch Aufgabenfelder, die in Deutschland nicht oder sehr unterrepräsentiert sind. Mithilfe der Pflegeexperten werden den Schädel-Hirn- und Schlaganfallpatienten eine Vielzahl an Konzepten und kommunikativen Angeboten unterbreitet. Überwiegend basieren diese Konzepte auf einer fundierten wissenschaftlichen Basis. Generell erscheint die pflegerische Versorgung im schweizerischen Spital sehr umfassend und zielführend. Gründe dafür liegen u.a. in einer anderen Personalbemessung, einer Etablierung von passenden Assessmentinstrumenten, auch für die soziale Situation, einem Selbstbewusstsein der Pflegenden ihre Interessen zu vertreten, sowie an einer insgesamt hohen fachlichen Qualifikation auf Intensivstationen. Insgesamt war ich von dem harmonischen Arbeitsklima sehr beeindruckt und konnte viele positive Erkenntnisse mit in mein eigenes Arbeitsfeld in Deutschland nehmen.

 

Jan Röttgers ist Gesundheits- und Krankenpfleger, BScN, in der Abteilung Neurologie am Klinikum Dortmund.