Care for Chronic Condition, Hospitation, Kongress, Kurzberichte

Kurzbericht: Einführung eines Programmes zur Verbesserung der Erkennung, Behandlung und langfristigen patientengeführten Eigensteuerung des arteriellen Hypertonus auf Grundlage des Canadian Hypertension Program (CHEP)

Autoren: Dr. med. Elke Lehmann, Dr. med. Karl Wilhelm

 

Ausgangssituation

Die arterielle Hypertonie stellt in Industrieländern eine sehr häufige chronische Erkrankung dar und ist in den allgemeinmedizinischen Praxen einer der häufigsten Beratungsanlässe. Die Prävalenz in der Gesamtbevölkerung wird altersabhängig bis zu 50% angegeben. Die höchste Hypertonieprävalenz in Europa findet sich in Deutschland. Auch bei der Schlaganfall-Mortalitätstrate steht Deutschland mit an der Spitze Europas. Vor allem in Kombination mit anderen Risikofaktoren steigt die Mortalität bei Hypertoniepatienten weiter dramatisch an.

Die Behandlung der Erkrankung wird derzeit vor allem durch Empfehlungen in Leitlinien vorgegeben. Deren Umsetzung ist jedoch im ambulanten Bereich überwiegend jedem einzelnen Behandler vorbehalten. Eine einheitliche langfristige Behandlungsempfehlung in einem größeren ambulanten Versorgungsgebiet ist bislang in Deutschland nicht üblich. Der Zielwert der Blutdruckeinstellung wird nur bei einem Bruchteil der Erkrankten nachgewiesenermaßen erreicht.

Zwar werden die Patienten leitliniengerecht behandelt. Dennoch ist auch in unserem Patientenstamm die Zielwertvorstellung nur im üblichen Bereich erreichbar. Diese Tatsache führte dazu, dass in unseren Qualitätskonferenzen der Anspruch entstand, diese Situation zu verbessern.

Ziel des Aufenthalts

Die Behandlungsrichtlinien im MVZ Dachau Verbund werden in Qualitätskonferenzen regelmäßig erarbeitet und angepasst. Im Rahmen dieser Anpassungsmaßnahmen soll das Konzept des Canadian Hypertension Education Program (CHEP) in die bestehenden Behandlungsrichtlinien eingearbeitet werden und bei allen Patienten im Verbund zur Anwendung kommen.

Hospitation und Kongress in Kanada

Im Mittelpunkt der geplanten Maßnahme stand der Erfahrungsaustausch mit den Mitgliedern der Canadian Hypertension Education Program Recommendations Tasc Force. In den Tagen der Hospitation wurde Frau Lehmann sehr freundlich in dem Sunnybrook Health Science Centre Toronto von Dr. Sheldon Tobe und seinem Team aufgenommen und in die Vorgehensweisen der Einrichtung eingeführt. Die Patientenvisiten und Ergebnisanalysen der Untersuchungen wurden gemeinsam erarbeitet und ausgewertet. Besonders beeindruckend waren die Teambesprechungen, an denen sowohl spezialisierte Krankenschwestern als auch Pharmazeuten und Ernährungsberater teilnahmen.

Ein Hauptaugenmerk der Hospitation lag insbesondere auf der technischen Ausstattung in der kanadischen Spezialambulanz. In Einzelgesprächen mit den verantwortlichen Organisatoren des Chronikerprogrammes konnten Fragen zur Projektinitiierung gestellt werden. Besonders interessant waren Hinweise bezüglich vermeidbarer Anfangsfehler und umgehbarer Widerstände.

Ein besonderer Höhepunkt war die Teilnahme an der Leitlinienkonferenz der kanadischen Hochdruckliga. Hierbei beeindruckte uns der sehr respektvolle Umgang der kanadischen Kollegen im Prozess der Kompromissfindung.

Der am Ende der Maßnahme stattgefundene Kongress der kanadischen Hochdruckliga brachte die Teilnehmer nochmals auf den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Hypertonieforschung und gab noch einmal die Möglichkeit zu regen fachlichen Austausch. Im Gegensatz zu europäischen Kongressen hatten die Themen, die sich mit den Möglichkeiten des öffentlichen Gesundheitswesens befassten, einen großen Stellenwert. Lifestyle-beeinflussende Maßnahmen, und Ernährung und soziologische Hintergründe waren wichtige Themen im Gesamtprogramm.

Transfer der Ergebnisse in den MVZ Dachau Verbund

Bereits direkt nach der Rückkehr aus Kanada wurde begonnen die einrichtungsinternen Leitlinien entsprechend der kanadischen Empfehlungen im internen Qualitätsprozess anzupassen und in regelmäßigen Abständen werden Mitarbeiterschulungen durchgeführt. Es findet ein weiterbestehender Erfahrungsaustausch mit den Kollegen aus Kanada statt. Zusätzlich in Planung ist eine Einladung der kanadischen Kollegen für den Frühling 2016 der sowohl Vorträge als auch Hospitationen an der LMU München und in unserem Verbund beinhalten wird.

Bewertung des Aufenthalts

Die Maßnahme stellt ein hochwertiges Werkzeug zur Behandlung einer chronischen und epidemiologisch sehr bedeutsamen Erkrankung dar. Wünschenswert und aus unserer Sicht auch wahrscheinlich wird sie zu einer Kostenersparnis im gesundheitspolitischen Bereich führen. Es wird der Nachweis erbracht werden können, dass kooperative und interdisziplinäre Behandlungsstrukturen sowohl auf fachlicher Ebene aber auch ganz besonders in der direkten Versorgung chronisch kranker Patienten klar von Vorteil sind.

Dieser Beitrag wurde verfasst von:

Dr. med. Elke Lehmann, Internistin, Sportmedizin, Teamärztin

Dr. med. Karl Wilhelm, Ärztlicher Leiter MVZ Dachau Verbund